Leopold Kohr und die Lehre vom rechten Maß


Es würde nicht nur gut ins ZEITmagazin passen, sondern auch in die Zeit, die Lehre vom rechten Maß des Philosophen Leopold Kohr in Erinnerung zu rufen. Schade, dass dieser Weltbürger aus Salzburg und Träger des Alternativen Nobelpreises so wenig bekannt ist, obwohl seine Weltsicht hoch aktuell und seine Weitsicht frappierend ist. Sein Leben lang hat er für überschaubare Einheiten gekämpft, gegen Zentralismus und Größenwahn und gegen eine "Entwicklungshilfe", die nicht hilft, sondern die Probleme verschärft. "Alles, was falsch ist, ist zu groß", war seine Überzeugung. Im Vorwort einer seiner Bücher schrieb er: „Paracelsus, der Gründer der modernen Medizin, hat gesagt: Alles ist Gift. Ausschlaggebend ist nur die Dosis. Das gilt für Heilpflanzen, aber auch für Atome, für Heuschrecken und Nationen. Was die paracelsische Mengengrenze übersteigt, macht Medikamente zu Gift, das Gute zum Schlechten, Demokraten zu Tyrannen, Friedvolle zu Kriegshetzern, Wachstum zu Krebs.“ Heute hätte er sicher auch noch die Banken erwähnt. Sein Demokratieverständnis erklärte er gern, indem er eine Regierung mit einem Gastwirt verglich: „Der Wirt dient den Menschen. Der Bürger ist kein Mitarbeiter – kein Tellerspüler oder Kellner – der Regierung, sondern er sitzt im Aufsichtsrat und ist Nutznießer.“ In der Region Hohe Tauern gibt es übrigens ein sehr erfolgreiches Projekt, das sich nicht nur auf Kohr beruft, sondern das von ihm selbst noch mitgegründet wurde. Dort wurde u.a. die Zahl der regional produzierten Käsesorten wieder von drei auf vierzig erhöht hat. Der "Guardian" hat Kohr neulich mal ausgiebig gewürdigt. Siehe: http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2011/sep/25/crisis-bigness-leopold-kohr


Diskussionen

  • Kohr liefert die richtigen Denkanstöße für die Probleme unserer Zeit. Absolut empfehlenswert!!!

  • borboleta ist dafür
    +3

    d'akohr

  • taxham ist dafür
    +3

    Ich glaube, Leopold Kohr wird die "Jolly Roger" der Piraten zum flattern bringen. Siehe: "Das akademische Wirtshaus". Ein Werk über das Diskutieren in herrschaftsfreien Räumen.

  • Gefällt mir sehr.

  • Kohr hat es begriffen. Wann begreifen es die Menschen?

  • Sarah ist dafür
    +2

    Für mich ist Kohr der Philosoph des 21. Jahrhunderts. Ich bin durch Kohr for Kids und der Doku Small is beautiful von RanFilm auf ihn aufmerksam geworden.

    • taxham ist dafür
      +1

      Oh ja, ein großartiger Film. Sehr authentisch und mit tollen DarstellerInnen Seine Zeit wird noch kommen. Auf der Webseite der Leopold-Kohr-Akademie.at kann man den Film als DVD betellen.

  • schneider-gries ist dafür
    +2

    Googelt mal unter "groesse und Komplexitaet", Denkzettel 16 - da steht das Wesentliche drin zu Kohr heute. Kurz: Ohne Ueberschaubarkeit keine Menschenwuerde, keine Demokratie: und: Einheitlichkeit ist die Autobahn zur Masslosigkeit.

    Kohr ist der Philosoph der Ueberschaubarkeit und damit auch des 21 Jahrhunderts!

  • leopold ist dafür
    +2

    Wer jetzt noch nicht an Kohr glaubt, dem ist nicht zu helfen. Wirtschaftskrise, EU-Krise, Rohstoff-Krise - welche Krise braucht ihr noch. Der weise Mann aus Oberndorf bei Salzburg hat schon vor 60 Jahren aufgezeigt was los ist, wenn das menschliche Maß verloren geht. Allso was muß noch passieren???

  • Klingt tatsächlich interessant! Und bei der Frage, warum er so wenig wahrgenommen wird, liefert dieser Diskussionsstrang ein schönes Beispiel. Wie wäre es, wenn Theodoro noch mal knapp und in 20 Zeilen einige der wesentlichen Ideen zusammenfassen würde, warum sich das Thema darzustellen und zu diskutieren lohnt?!

    Wer sich einen Überblick über die Vorschläge hier im Forum verschaffen will, wird das Thema leicht übersehen und einem englischen Link in die Tiefe zu folgen ist für die Schnellleser halt einfach zu mühsam.

    • Wem Theodoro's Ausführungen zu knapp sind, kann mehr über Kohr lesen in Michael Breisky's Buch "Gross ist Ungeschickt". Absolut gut und aufklärend!

    • In 20 Zeilen schaffe ich es nicht. Deswegen zitiere ich Kohr einfach in noch weniger Zeilen: „Paracelsus, der Gründer der modernen Medizin, hat gesagt: Alles ist Gift. Ausschlaggebend ist nur die Dosis. Das gilt für Heilpflanzen, aber auch für Atome, für Heuschrecken und Nationen. Was die paracelsische Mengengrenze übersteigt, macht Medikamente zu Gift, das Gute zum Schlechten, Demokraten zu Tyrannen, Friedvolle zu Kriegshetzern, Wachstum zu Krebs.“ Heute hätte er bestimmt noch hinzugefügt, dass es auch für Banken gilt. Der Einfachheit halber hier doch noch mal ein Link: http://www.dorfblog.at/dorfblog/?p=1328

    • taxham ist dafür
      +1

      Leopold Kohr verbrachte Jahrzehnte damit, das zu beschreiben und zu lehren was jetzt gerade passiert. Das zu erfassen ist für Journalisten und ihre Leser gleichermaßen interessant, finde ich. Sind wir doch alle zusammen ständig am Grübeln wie denn die großen Projekte, Allianzen, Wirtschaftsriesen und Nationen so konsequent zerbröseln können und warum sich Romantik in der Gestaltung unserer Gemeinwesen letztlich über alle geradlinige Vernunft hinweg durchsetzen wird. Das ist zwar nicht Kohr in 20 Zeilen, aber vielleicht hat es neugierig gemacht.

      Deutsche Übersetzung des Guardian Artikels von Andreas Wirthenson http://www.leopold-kohr-akademie.at/lka/pdf/guardian1.pdf

  • cca ist dafür
    +2

    Eine große Idee im Bekenntnis zum kleinen Format, die allergrößte Verbreitung verdient.

  • elgordo ist dafür
    +2

    habe guardian gelesen und wundere mich, dass ein so kluger mann so wenig bekannt ist.

    • uno ist dafür
      +1

      große Zustimmung

    • ausgesprochen interessant, wichtig, zukunftsweisend

    • Theodoro ist dafür
      +1

      Auf etwas versteckten Seiten findet man schon interessante Geschichten. Der Mann wirkt in die Praxis. Siehe: http://www.dorfblog.at/dorfblog/?cat=7

  • Leopold Kohr ist nicht der einzige Österreicher, der sich damit beschäftigt hat und diese Sichtweisen vertritt. Es gibt noch einige weitere, wovon sogar noch welche leben und aktiv sind. z.B. Karl Sieghartsleitner, Robert Moser oder der Förderverein der SPES-Akademie

  • Schade, dass ich erst so spät darauf aufmerksam wurde. Sonst hätte ich bestimmt noch viele begeistern können.

  • Es lohnt sich Kohrs Gedanke zu verfolgen und umzusetzen.

  • Gostei da filosofia do Kohr. Einfach toll. Das Leben miteinander wäre so schön.

  • Unsere Welt ist aus der Balance, höher, größer, weiter ist die Devise. Wohin sie uns gebracht hat, sieht man. Deshalb sind die Ansichten von Leopold KOhr heute akuteller und wichtiger denn je.

  • Unsere Welt ist aus der Balance, höher, größer, weiter ist die Devise. Wohin sie uns gebracht hat, sieht man. Deshalb sind die Ansichten von Leopold KOhr heute akuteller und wichtiger denn je.

  • Das freut mich. Wäre schön, wenn ein Artikel über Kohr im Magazin herauskämme.

  • Me gustaria de ler sobre Kohr no "Zeitmagazin".

  • Das rechte Maß der Dinge in allen Lebenslagen. Damit könnten wir uns das Leben lebenswerter machen.

  • "Der Mensch ist das Maß aller Dinge, nicht die Gemeinschaft, das Volk, nicht die Partei, nicht der Staat, nicht die Nation, nicht die Erde, nicht das Universum." (Leopold Kohr)

    Mehr kluge Sätze von Leopold Kohr: http://www.leopold-kohr-akademie.at/lka/modules/biografie/index.php?id=1:3

    (und hoffentlich bald im Zeit-Magazin)

    • elgordo ist dafür
      +1

      Der Satz "Der Mensch ist das Maß aller Dinge" stammt nicht von Leopold Kohr, sondern von dem griechischen Philosophen Protagoras. Nachdem ich mich - angeregt durch den Guardian-Artikel - inzwischen etwas intensiver mit Kohr beschäftigt habe, weiß ich aber, dass Kohr ihn korrekt zitiert und keineswegs ein Plagiator ist. Kohr fügt noch hinzu - und das nimmt dem Satz auch die Überheblichkeit: "Lange Zeit war mir die Bedeutung nicht klar, bis mir endlich bewusst wurde, dass der Akzent auf 'Mensch' ruht."

  • Bin unbedingt dafür, Kohr im Zeit-Magazin zu finden!

  • Small ist beautiful!!!!!!!!!!!

  • Kohr ist "meine" Lebensphilosophie.

  • Leopold Kohr ist so aktuell wie nie zuvor!

  • Die Vernetzung vieler kleiner Einheiten kann auch zur Größe führen und ist auf jeden Fall demokratischer und menschenfreundlicher als Zentralismus. :-)

  • Hanseat ist dafür
    +1

    Eigentlich habe ich Probleme mit Kohr, weil er ein Europa-Skeptiker war. Gleichwohl könnte eine Auseinandersetzung mit ihm sehr befruchtend sein für eine Diskussion darüber, wie Europa zusammenwachsen kann, ohne dass die Menschen die Identifikation mit ihrer Region verlieren. Stichwort "Europa der Regionen". Auch für die immer wieder mal aufflammende Föderalismus-Debatte könnte es hilfreich sein, sich mit ihm zu beschäftigen. Und in entwicklungspolitischen Fragen sowieso. Da war er nämlich all denen, die heute so klug daherreden, weit voraus. Seine Lebensgeschichte zeigt zudem, dass es kein Widerspruch sein muss, Internationalist und Regionalist zu sein.

  • Ich halte Khors Ansätze unbedingt für beachtenswert. Das menschliche Maß ist doch, was wir für ein gutes Leben brauchen.

  • schnoor ist dafür
    +1

    Ein schöner Vorschlag. Und hier eine schöne Geschichte über Leopold Kohr: Österreichs ehemaliger Bundeskanzler Bruno Kreisky soll ihm mal vorgehalten haben, er sei ein Romantiker. Kohr antwortete darauf: „Wir kommen aus Staub, wir enden im Staub. Und zwischendurch haben wir eine Menge Auslagen und Kosten. Für den Rationalisten ergibt das überhaupt keinen Sinn. Nur ein Romantiker sieht etwas in dem Regenbogen, der den Anfang mit dem Ende verbindet.“

  • uno ist dafür
    +1

    unbedingt berücksichtigen. Leopold Kohr ist so aktuell wie nie zuvor!

  • EarlGrey1 ist dafür
    +1

    Die Mega-Entwicklungen überschlagen sich. Die Globalisierung macht uns alle zu mechanisierten Teilen einer Supermaschine, die wir nicht mehr überblicken und der wir egal sind. Kohr hat diese Tendenzen feinfühlig erkannt und begonnen, Alternativen zu entwickeln. Das muss eine viel größere aktive Öffentlichkeit bekommen. Fazit: Kohr muss rin ins Magazin!

  • Steinbock ist dafür
    +1

    Kohr ist "meine" Lebensphilosophie. Was man selber tun kann, soll man selber tun. usw...

  • vonplato ist dafür
    +1

    Small ist beautiful, das Buch vom rechten Maß zur rechten Zeit!

    • Auf der Webseite der Leopold-Kohr-Akademie.at findet man Günther Witzanys großartige Zitatesammlung aus dem Werk Leopold Kohrs.

      Die überentwickelten Nationen, Das Ende der Großen, Entwicklung ohne Hilfe, Die überschaubare Gesellschaft, Die Lehre vom rechten Maß, Probleme der Stadt. Gedanken zu Stadt und Verkehr, Gegen die Übergriffe der Obrigkeit,

      Dankesrede Leopold Kohrs zur Verleihung des "Livelyhood Awards" 1983

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